Aug 20 2018

Klage des Langen August e.V. gegen die Durchsuchung

Von um 11:45 in Razzia wg. Bure

Am 13.08.18 hat der Lange August e.V. beim Amtsgericht Köln folgende Klage eingereicht:

Ich beantrage entsprechend § 98 Abs. 2 StPO

gerichtliche Entscheidung

und beantrage zu erkennen:

Es wird festgestellt, dass die Durchsuchung der Geschäftsräume des Betrofenen am 04.07.2018 rechtswidrig war.

Begründung:

Mit Beschluss vom 04.07.2018 ordnete das Amtsgericht Köln in dem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt – 506 GS 1278/18 – die Durchsuchung der Geschäftsräume und Nebenräume des Wissenschaftsladen Dortmund e.V. an.

Dieser Verein verfügt über eigene Geschäftsräume in dem Kulturzentrum „Langer August“, das von meinem Mandanten betrieben wird. Neben dem Wissenschaftsladen Dortmund e.V. sind zahlreiche weitere Vereine, unter anderem das Kommunikations Centrum Ruhr e.V. (KCR), ein Dortmunder Lesben- und Schwulenzentrum, dort ansässig.

Neben den jeweils von den Vereinen gemieteten Räumlichkeiten verfügt das Kulturzentrum Langer August über Seminarräume und Gruppenräume, die von Vereinigungen wie auch Einzelpersonen bei meinem Mandanten gemietet werden können.

Die durch das Gericht angeordnete Durchsuchung wurde am 04.07.2018 vollzogen. Gegen 19:15 Uhr erschienen, teils mit Maschinenpistolen bewafnete, Beamte des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen in Begleitung von Polizeibeamten der Dortmunder Polizei an der Geschäftsadresse des Wissenschaftsladens.

Die dann folgende Durchsuchung beschränkte sich allerdings nicht auf die Räumlichkeiten, die der Wissenschaftsladen Dortmund e.V. von meinem Mandanten gemietet hatte und nutzen durfte, sondern umfasste auch Räumlichkeiten meines Mandanten, die allein von diesem genutzt werden, unter anderem das Büro meines Mandanten im Erdgeschoss und ein Seminarraum auf dem Dachboden.

Im Büro meines Mandanten wurden durch die Beamten zwei dort befndliche Ordner mit Mietverträgen noch vor Ort durchgesehen. Ferner wurden durch die eingesetzten Beamten im 3. Obergeschoss zwei Holztüren meines Mandanten aufgebrochen, hinter denen sich eine Teeküche, Besenkammer und ein Aufgang zum Seminarraum auf dem Dachboden befnden. Hierbei wurden die Türen massiv beschädigt.

Die Durchsuchung wurde gegen 23:30 Uhr beendet.

1. Zulässigkeit

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO zulässig. Der Beschwerdeweg ist nicht gegeben, weil mein Mandant durch den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts nicht beschwert ist. Vielmehr handelte es sich bei der über die gerichtliche Anordnung hinausgehenden Durchsuchung um eine eigenständige Maßnahme gegenüber meinem Mandanten, für den der Durchsuchungsbeschluss keinerlei Grundlage darstellt.

Die Beamten haben auch ersichtlich nicht auf der Grundlage des Durchsuchungsbeschlusses gehandelt. Bei den durchsuchten Räumlichkeiten meines Mandanten handelte es sich nicht um solche des Wissenschaftsladen Dortmund, auch nicht um Nebenräume.

Festzustellen ist, dass den eingesetzten Beamten klar war, dass die Räumlichkeiten im „Langen August“ von mehreren Vereinen gemietet wurden. Dies ergibt sich daraus, dass die Beamten ein Vorstandsmitglied meines Mandanten, Tim Bartsch, zu den Verhältnissen im Kulturzentrum befragten. Dieser teilte auch mit, dass er nicht im Vorstand des Wissenschaftsladens sei, sondern im Vorstand meines Mandanten.

Den Beamten war offenbar aber auch ohne die Angaben von Herrn Bartsch bekannt, welche Räumlichkeiten vom Wissenschaftsladen Dortmund, gegenüber dem der Durchsuchungsbeschluss erlassen wurde, genutzt wurden. Denn sie durchsuchten diese bereits, als Herr Bartsch in den Räumen des Wissenschaftsladens (im 3. OG des Vorderhauses) eintraf.

Selbst wenn den Beamten nicht bekannt gewesen wäre, welche Räumlichkeiten vom Wissenschaftsladen Dortmund genutzt wurden, hätten sie dies durch Befragen der weiteren im Kulturzentrum anwesenden Personen, unter anderem im KCR (Hinterhaus) und im „Chaostref“ (2. Obergeschoss), herausfinden können.

Ein Rechtsschutzinteresse besteht bereits deshalb, weil die Erledigung der Maßnahme eingetreten ist, ohne dass mein Mandant die Möglichkeit hatte, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen aus der Garantie efektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG, vgl. BVerfGE 96, 27 [42 f.]). Es folgt zudem aus dem tiefgreifenden Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 GG.

2. Begründetheit

Der Antrag ist auch begründet. Die (faktische) Anordnung der Durchsuchung der Räumlichkeiten meines Mandanten war rechtswidrig.

Die Voraussetzungen für eine Anordnung der Durchsuchung gem. §§ 105 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3, 103 Abs. 1 Satz 1 StPO lagen ofensichtlich nicht vor. Es gibt keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte, dass die Durchsuchung dem Aufinden von Beweismitteln gedient hätte. Auch Gefahr im Verzug lag nicht vor.

Überdies war die Durchsuchung ersichtlich unverhältnismäßig, jedenfalls standen die mit ihr verbundenen Belastungen außer Verhältnis zu der durch keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte gestützten Vermutung, es könnten für das Ermittlungsverfahren relevante Beweismittel aufgefunden werden.

Übersicht: Dokumente und Schriftverkehr zur Razzia

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