Dez 31 2020

3 Mio. Kinder unter 5 Jahren verhungern jedes Jahr – aber die Welt regt sich über Corona auf

Von um 17:23 in Corona und Coronoia

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Das Corona-Virus SARS-CoV-2 hat im vergangenen Jahr nahezu alle anderen Probleme verdeckt. Die einseitige Berichterstattung über das neue Virus war schon im Frühjahr unübersehbar. Daran hat sich nichts geändert. Deshalb haben wir nochmals einige uns relevant erscheinende Fakten, Artikel und Lesetipps zusammengestellt, die in der öffentlichen Diskussion kaum bis gar nicht vorkommen.

Jedes Jahr sterben Millionen Menschen durch Armut, Krieg, Umweltzerstörung, Flucht und andere vermeidbare Todesursachen. Das wird seit Jahrzehnten hingenommen. 2019 sind viele Menschen, gerade junge, auf die Straßen gegangen, um gegen den menschengemachten Klimawandel und die resultierende Gefährdung unserer Lebensgrundlagen zu protestieren – ohne erkennbare (außermediale) oder gar angemessene Konsequenzen. Doch 2020 hat plötzlich eine Atemwegsinfektion, die durch SARS-CoV-2 verursachte Erkrankung COVID-19, fast alle Regierungen dieser Welt  zu massiven Einschränkungen von Freiheitsrechten veranlasst, die noch vor einem Jahr nicht denkbar waren. Geld ist bei der Bewältigung der darob ausgerufenen „Krise“ kein Problem (sofern es – wie bei der „Finanzkrise“ 2008 – Konzernen zugute kommt). Ebenso bemerkenswert ist die kritiklose Zustimmung großer Teile der Bevölkerung zu den Corona-Maßnahmen, wie man sie sonst nur von der „Krisenlösung“ namens Krieg kennt.

Bei einem solchen Schulterschluss zwischen Regierungen und Bevölkerung  sollte es doch möglich sein auch andere vermeidbare Todesursachen entschlossen aus der Welt zu schaffen. Dass dies nicht geschieht (weder beim Thema Gesundheit noch sonstwo) ist ein Indiz dafür, dass es Regierungen eben nicht um das (gute) Leben jeder und jedes Einzelnen geht, sondern in erster Linie um den Erhalt des status quo. Dies sollte bei der Beurteilung des Corona-Geschehens nicht vergessen werden.

Wie gefährlich ist SARS-CoV-2?

Im Frühjahr wurde der R-Wert als Indikator für die Gefährdung durch dieses Corona-Virus verwendet. Dieser gibt an, wie viele Personen eine infizierte Person ansteckt. Ziel des Lockdowns im Frühjahr war u.a. den offiziellen R-Wert unter 1 zu senken. Dies war bereits im April der Fall. Im Verlauf des Jahres schwankte dieser R-Wert (mit Ausnahme von wenigen Tagen im Juni) zwischen 0,5 und 1,5. Am 23.12.2020 betrug der R-Wert 0,83 und somit war eigentlich alles im grünen Bereich.

Mittlerweile gilt aber die sog. 7-Tage-Inzidenz als Richtschnur zur Beurteilung der Gefährdung durch SARS-CoV-2. Der Wert gibt an, wie viele Personen durchschnittlich pro Tag positiv auf das Virus getestet wurden. Der Wert hängt stark davon ab, wie viele und welche Personen getestet wurden. Er sagt wenig darüber aus, wie viele Personen tatsächlich erkranken oder gar versterben. Somit hat der Inzidenzwert kaum Aussagekraft, wenn es um die Einschätzung der Gefährlichkeit des Virus geht. Neben anderen, hat auch Prof. Dr. Christof Kuhbandner von der Universität Regensburg auf telepolis.de mehrere kritische Artikel zu den Corona-Maßnahmen veröffentlicht, wie zB „Von fragwürdigen und fehlinterpretierten Corona-Zahlen“ am 24.12.2020.

Auch wenn bei der Zählung der durch Corona Verstorbenen unterschiedlichste und durchaus auch fragwürdige Kriterien angewendet werden, ist die Anzahl der Corona-Toten ein deutlich belastbarer Wert als Inzidenz oder R-Wert. Deshalb soll einmal die Anzahl der Corona-Toten der Anzahl der durch andere Ursachen Verstorbener gegenüber gestellt werden.

In diesem Jahr sind an COVID-19 weltweit 1,8 Mio. Menschen gestorben. Zum Vergleich: 2019 starben weltweit

  • 2,6 Mio. Menschen an infektiösen Atemwegserkrankungen (u.a. durch Influenza-, Corona- und Rhinoviren)
  • 1,5 Mio. Menschen an Durchfallerkrankungen
  • 1,2 Mio. Menschen an Tuberkulose

Umgerechnet auf die etwas besser vorstellbare Größenordnung von 100.000 Menschen (ins Westfalenstadion passen ca. 80.000), sind weltweit durchschnittlich 23 von 100.000 Menschen 2020 durch das neue Corona-Virus verstorben. (Weltbevölkerung: 7,8 Milliarden, an COVID-19 verstorben: 1,8 Millionen). Schaut man auf einzelne Länder schwankt die Anzahl der Todesfälle stark: von zB 167 in Belgien über 122 in Italien, 86 in Schweden und 39 Corona-Tote pro 100.000 Einwohner in der BRD.
(Quelle: https://www.worldometers.info/coronavirus/ am 30.12.20)

Während 39 von 100.000 im Jahr 2020 am Corona-Virus verstarben, starben bzw. sterben in der BRD von 100.000 Menschen

Die Zahlen zeigen, dass die Gefahr an COVID-19 zu sterben im Vergleich mit anderen möglichen Todesursachen nicht übermäßig groß ist. Von einem „Killer-Virus“ kann keine Rede sein. So schreibt auch das RKI in seiner Risikobewertung vom 01.12.2020:

„Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zu.“

So kann die LMU München bisher auch keine erhöhte Sterblichkeit für das Jahr 2020 feststellen (Stand 11.12.2020).

Der Schutz der Ältesten hat nicht funktioniert

88 Prozent der COVID-19-Toten waren über 70 Jahre alt. Von den 22.435 COVID-19-Toten (BRD bis 15.12.2020) waren nur 2772 jünger als 70 Jahre. In der Altersgruppe 20-29 gab es seit Beginn der Pandemie in der ganzen BRD nur insgesamt 27 COVID-19-Tote. Das berichtete der Bayrische Rundfunk am 18.12.2020.

Am 26.12.20 zeigte das RKI-Dashboard für die besonders gefährdeten Altersgruppen:

  • 60-79 Jahre: 93 Tote pro 100.000
  • 80 Jahre und älter: 733 Tote pro 100.000 

In den anderen Altersgruppen sind die Werte so klein, dass sie im Dashboard nicht ablesbar sind. Das ist nicht überraschend. Auf der WHO-Webseite gibt es eine Top-Ten-Liste der Todesursachen verschiedener Altersgruppen für einige ausgewählte Jahre. Anhand dieser Liste wird deutlich, dass Infektionen der Atemwege für alte Menschen sowieso ein erhebliches Risiko sind.

Todesfälle aufgrund von Infektionen der unteren Atemwege (pro 100.000 in der Altersgruppe):

  2019 2015 2010 2005 2000
alle Altersgruppen 25 27 25 28 24
75 – 79 Jahre * * 87 105 90
80 – 84 Jahre 155 165 183 227 215
ab 85 Jahre 351 508 514 730 650

*2019 und 2015 waren die Atemwegsinfektionen in der Altersgruppe 75-79 Jahre nicht unter den 10 häufigsten Todesursachen.

Bei allem Respekt, ist nicht auch zu akzeptieren, dass Menschen an Krankheiten sterben, insbesondere wenn sie über 80 sind? Es ist Winter und da sterben alte, gebrechliche Menschen schon immer gehäuft an Atemwegsinfektionen. Hinzu kommt noch, dass es in den letzten beiden Jahren nur schwache Grippewellen gab. Es gibt also einen gewissen Überhang an Menschen, die bei stärkeren Grippewellen in den Vorjahren schon damals dahingerafft worden wären.

Das soll nicht heißen, dass man ältere Menschen leichtfertig einer möglichen Atemwegsinfektion aussetzen sollte. Wie die Zahlen zeigen, haben aber die bisherigen Maßnahmen zum Schutz der Ältesten nichts gebracht. Ganz im Gegenteil. Die Kollateralschäden sind bekannt: Bewegungsmangel und Einsamkeit führen bei gebrechlichen, gar dementen Menschen schnell zu Verfall und Tod. Überhaupt: Bewegung an der frischen (Wald-)Luft, Sauna, Sport, Tanzen, Lachen, kein Stress – all das stärkt die Abwehrkräfte gegen Krankheiten aller Art. Neben einer gesunden Ernährung wären das auch in der aktuellen Pandemie sehr hilfreiche Mittel um die Zahl der Erkrankten niedrig zu halten.

„Die Intensivstationen dürfen nicht überlastet werden“

Dieses Ziel wurde immerhin erreicht. Zumindest insofern, dass die Stationen nicht überlasteter sind als sie es in jedem Jahr sind. Die Initiative Qualitätsmedizin (IQM) fasst Routinedaten aus ihren Mitgliedskrankenhäusern zusammen und veröffentlicht die Zahlen. Zu den Effekten von COVID-19 auf die stationäre Versorgung von Januar bis November 2020 hat die IQM Daten von 284 Kliniken veröffentlicht. Danach war die Belegung in den Kliniken 2019 höher als 2020, auch auf den Intensivstationen.

Die Sorge, dass das Gesundheitssystem durch Überlastung zusammenbrechen könnte, ist unabhängig vom aktuellen Corona-Virus vollkommen berechtigt. „Intensivstationen meldeten: Nichts geht mehr!“ titelte die Ruhr Nachrichten am 26.03.2018. Weiter heißt es:

„Über einen Zeitraum von etwa zwei Wochen gab es im gesamten Regierungsbezirk Arnsberg das Problem, ein freies Bett in den Kliniken zu finden. Alle Intensivstationen meldeten vor allem zwischen Ende Februar und Mitte März, dass sie komplett „dicht“ seien. „Die Versorgung der Patienten war deutlich erschwert, weil die Rettungsdienste immer wieder Wartezeiten hatten, bis sie Patienten endlich in einer Klinik unterbringen konnten.“

Und das war kein Einzelfall.

15.03.2018: Grippewelle: Krankenhäuser stoßen an Kapazitätsgrenzen

„Von den 600 Betten im Klinikum und den Akutbetten im Herz-Kreislauf-Zentrum (HKZ) seien seit Wochen alle belegt. […] Dass Krankenhausbetten in ganz Hessen derzeit Mangelware sind, verschärft die Situation zusätzlich. Die Kliniken im Landkreis werden von Krankenhäusern im Umland angefragt. Selbst aus Frankfurt gab es Anfragen, weil Patienten dort nicht mehr aufgenommen werden konnten.“

08.03.2018, Halle: Schwerste Grippewelle seit Jahren fordert Todesopfer

„Intensivstationen können wegen Vollbelegung teilweise keine neuen Patienten mehr aufnehmen […] Für die Krankenhäuser bedeutet die Grippewelle Notbetrieb. „An einen normalen Krankenhausbetrieb ist zur Zeit bei uns nicht zu denken“, sagt Hendrik Liedtke am Elisabethkrankenhaus. Die Bettenkapazitäten seien an der Grenze, das Personal von der Grippe ebenfalls stark betroffen.“

Die alten Grippewelle-Berichte enthalten auch Aussagen zur Krankheit. In den Ruhr Nachrichten vom 26.03.18 zB

Kelbel, der in seiner Klinik täglich schwerste Folgen von Infektionen sieht, appelliert unermüdlich, im nächsten Herbst Impfmöglichkeiten zu nutzen„.

Mit den bisher in der Öffentlichkeit überwiegend ignorierten Gefahren der Grippe, deren Spätfolgen, den Risikogruppen etc. befasst sich der Artikel Wenn die Influenza auf der „Intensiv“ landet vom 07.02.2019:

Ein erheblicher Anteil der wegen saisonaler Influenza Hospitalisierten muss auf Intensivstationen betreut werden – und das oft wochenlang. ÖGARI-Präsident Prof. Rudolf Likar warnt davor, die „Grippe“ zu unterschätzen. „Die Betroffenen sind schwer krank. Bei uns dauert ihr Aufenthalt auf der Intensivstation oft Wochen“„.

Die geneigte Leserin kann leicht weitere Beispiele für überlastete Krankenhäuser finden, auch aus anderen Jahren. Die Schlagzeilen wegen überlasteter Krankenhäuser haben vor bald 3 Jahren die Gemüter mehr oder weniger erregt. Verbessert wurde seitdem nichts. Ein längerer Beitrag auf aerzteblatt.de beschreibt im Oktober 2019 wesentliche Probleme:

Intensivmedizin: Versorgung der Bevölkerung in Gefahr

„Doch auch der Normalbetrieb ist in vielen Intensivstationen angesichts des Personalmangels häufig nicht mehr aufrechtzuerhalten, sodass vielfach Intensivbetten gesperrt werden müssen. Eine 2018 durchgeführte Erhebung hat gezeigt, dass in den teilnehmenden Krankenhäusern mindestens ein bis zwei Betten pro Intensivstation gesperrt sind.
[…]
Auf die Frage nach einer generellen Unzufriedenheit im Beruf antworteten 68 Prozent mit einem „Ja“. Eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren empfanden 97 Prozent der Befragten. 94 Prozent gaben an, dass das ökonomische Interesse bei der Versorgung im Vordergrund stehe (siehe Grafik 1). Der Umfrage zufolge planen in den kommenden fünf Jahren 37 Prozent der befragten Intensivpflegenden, ihren Beruf zu verlassen. Zudem wollen 34 Prozent ihre Arbeitszeit in den nächsten zwei Jahren reduzieren.
[…]
Die Gründe für die von den Intensivpflegenden genannten schlechten Arbeitsbedingungen liegen klar auf der Hand. Zu ihnen zählen die hohe Arbeitsbelastung, geringe Wertschätzung insbesondere durch die Krankenhausträger, schlechte Betreuungs- und Personalschlüssel sowie die mäßige Bezahlung.
[…]
Ein Kernproblem ist sicherlich das nahezu ausschließlich erlösorientierte Abrechnungssystem in Deutschland. Das DRG-System hat dazu geführt, dass die Quantität die Qualität der Leistungen dominiert. In den vergangenen Jahren wurden die Intensivkapazitäten in der Folge immer weiter ausgebaut. Innerhalb Europas hat Deutschland mit Abstand die meisten Intensivbetten. Gründe dafür sind neue Therapieverfahren und ökonomische Interessen.“

Wirklich lesenswert. Aber es ändert nichts. Die im Frühjahr für die im Gesundheitsbereich Arbeitenden Applaus klatschenden Hände erhoben sich schon im Sommer um eine schallende Ohrfeige auszuteilen. Oder wie sonst kann der diesjährige verdi-Tarifabschluss verstanden werden?

Statt entschlossen gegen die Mißstände im Gesundheitswesen vorzugehen und die Arbeitsbedingungen wirksam zu verbessern bleibt es bei dem gewohnten „weiter so“. So wurden auch im Corona-Jahr 2020 Krankenhäuser geschlossen – gefördert mit öffentlichen Geldern. Dafür ist Geld da. Gutachten der Bertelsmann Stiftung und ähnlicher „Berater“ kommen zu dem Schluss dass 330 Großkrankenhäuser ausreichen würden. Aktuell gibt es noch 1.925 Krankenhäuser.

Die Erreichbarkeit eines Krankenhauses spielt offenbar keine Rolle. Was soll ich aber mit dem allerbesten Krankenhaus, wenn ich schon längst tot bin bevor ich es erreicht habe? Nicht nur für Patienten ist es eine Zumutung stundenlange Wege zum Krankenhaus zurück legen zu müssen. Auch für die Beschäftigten in den Krankenhäusern verschlechtert sich durch längere Wege zum Arbeitsplatz die Lage weiter. Von der Umweltbelastung durch den zusätzlichen Verkehr mal ganz abgesehen. So lange das Gesundheitssystem jedoch nur auf maximale Gewinnerzielung ausgerichtet ist, wird sich die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung nicht verbessern. Sie wird nur teurer.

Diskurs? Fehlanzeige!

Das ZDF veröffentlichte am 10.12.2020 eine Umfrage zu den Corona-Maßnahmen: 82 Prozent der repräsentativ Befragten unterstützen die Verlängerung des Teil-Shutdowns bis zum 10. Januar. Nächtliche Ausgangssperren finden 74 % richtig. Wie viele der zu schützenden Ältesten trifft man eigentlich zu dieser Zeit in der Öffentlichkeit an, sodass sie mit einem Virus infiziert werden könnten? Dass das Virus an Millionen von Arbeitsplätzen scheinbar kein Problem ist und die Produktion ungestört weiter läuft, wird unwidersprochen hingenommen.

Die hohen Zustimmungswerte zur Corona-Politik sind außergewöhnlich. Gerade bei einem neuen Problem mit vielen Unbekannten wäre zu erwarten, dass unterschiedliche Analysen und Lösungen denkbar sind und auch diskutiert werden. Rob Kenius setzte sich am 11.12.2020 auf Telepolis mit diesem Phänomen auseinander: Aus seinem Artikel „80% Zustimmung zur Coronapolitik sind zu viel„:

Die Öffentlich-Rechtlichen bekämpfen die Opposition durch Ignorieren, Verunglimpfung und sogar durch Falschmeldungen. Das wurde im Sommer bei den Demonstrationen besonders deutlich. Die Zahl der Teilnehmerinnen wurde dezimiert und die Clique der Reichsbürger als wichtigste Gruppe hochstilisiert. Es war so, als wenn in den Redaktionen überwiegend Sympathisanten dieser Verfassungsfeinde säßen und deren Rolle bei den Demos hochspielen wollten. Diese Taktik hat sich bis heute nicht geändert. Sie zeigt Wirkung. Die Lämmer schweigen weiter.

DDR 2.0

Im freien Disput spalten sich die Meinungen um die Mitte herum auf, ungefähr zwischen 45% und 55%. Nur durch konforme Massenmedien ist eine Zustimmung von 80% der Bevölkerung möglich. Man erkennt es in allen Diktaturen, in denen die Medien gleichgeschaltet sind.

Die neue Konformität der Medien erinnert uns deutlich an die DDR, die aber das Problem hatte, dass sehr viele Volksgenossen das westdeutsche Fernsehen einschalten konnten. So ein Gegengewicht existiert zur Zeit in Deutschland nicht. Die Medienopposition ist auf das Internet beschränkt und kann mit dem Milliardenaufwand der Öffentlich-Rechtlichen nicht im entferntesten mithalten.
[…]
Die Zahlen sind entlarvend, aber die Propaganda kann die hohen Zustimmungswerte nicht verschweigen, denn sie sind das Ziel und das Ergebnis der Propaganda. Aus der Distanz gesehen, sind solche Zustimmungswerte auch ein einfacher Hinweis darauf, dass die Meinungen durch Medien gesteuert sind.

Und wer vernünftig mit dem Grundgesetz argumentiert, kriegt ein mediales Aluhütchen aufgesetzt. Im Reich der Exekutive wird im gleichen Stil Verfahren, Variante „exekutiv“: Fundierte Gegenrede aus unteren Ebenen des Apparats wird mit dem Entfernen aus dem Amt (durch Versetzung) quittiert, wie es ein Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums und der Leiter des Gesundheitsamts Aichach-Friedberg erleben mussten. Wer im Apparat soll da noch „mehr Demokratie wagen“, wenn er solche Exempel sieht.

„Propaganda“ (Bernays, 1928) und die „Paralyse der Kritik: eine Gesellschaft ohne Opposition“ (Marcuse, 1964)

Das Buch Der eindimensionale Mensch von Herbert Marcuse wurde zwar in der Zeit des sog. Kalten Krieges geschrieben und thematisiert auch diesen, aber aus der Perspektive einer grundsätzlichen Kritik der „Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaften“. Diese Kritik ist – leider – immer noch hilfreich, da es ihr nicht um die Alternative „Ost oder West“ geht – sondern um Alternativen zu Beidem, d.h. zur „fortgeschrittenen Industriegesellschaft“. Den zitierten Titel „Paralyse der Kritik: eine Gesellschaft ohne Opposition“ trägt die Vorrede dieses Buches, das immer noch als Orientierung beim Verständnis einer (mal wieder;) scheiternden Zivilisation dienen kann.

Zum Teilaspekt „öffentliche Meinung“ der o.g. Zivilisation hatte bereits 1928  Edward L. Bernays sein grundlegendes Werk „Propaganda“ über moderne Propaganda und Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) veröffentlicht. Dieses Buch gilt bis heute als Standardwerk der Unternehmens- und Regierungskommunikation. Auch Goebbels kannte es. (Die auf Wikipedia verlinkte, aufschlussreiche Arte-Dokumentation „Propaganda – Edward Bernays und die Wissenschaft der Meinungsmache“ von 2017 ist für diejenigen welche die Dokumentation finanziert haben (die Gebührenzahlenden) leider nicht mehr verfügbar. Bei Interesse können wir da aber weiterhelfen.)

Die von Bernays beschriebenen Techniken und Strategien werden nun seit über 100 Jahren angewandt, weiter erforscht und perfektioniert. Der Umgang mit der Virus-Gefahr ist ein eindrückliches Beispiel für eine funktionierende Steuerung der öffentlichen Meinung. Das geht sogar so weit, dass es auch in der „Linken Szene“ funktioniert, die traditionell staatlichen Verlautbarungen gegenüber kritisch eingestellt ist. Dass wie üblich die Armen die Last der „Maßnahmen“ zu tragen haben, wird immerhin gelegentlich noch dargestellt; aber Gefährlichkeit des Virus, Angemessenheit und Sinn von Maskenpflicht und Lockdowns werden nicht hinterfragt – there is no alternative.

Timo Rieg hat im Laufe des Jahres in mehreren Artikeln die Corona-Berichterstattung ausführlich analysiert, zB. auf journalistik.online: „Desinfektionsjournalismus – Die Corona-Berichterstattung ist kein Leuchtturm der Orientierung“ und auf telepolis.de.

Impfen rettet!?

Die Entwicklung und Zulassung eines neuen Impfstoffs dauert aus guten Gründen normalerweise etwa zehn Jahre. Bei den Corona-Impfstoffen hat das jetzt noch nicht einmal ein Jahr gedauert – obwohl diese auf einer vollkommen neuen Technologie beruhen. Es wird zwar schon seit Jahren an genbasierten Impfstoffen geforscht, bei denen die menschlichen Zellen durch das Einbringen von RNA- bzw. DNA-Molekülen zur Produktion von Antigenen eines Virus veranlasst werden. Doch

„Obwohl bereits mehrere genbasierte Substanzen gegen andere Viren entwickelt worden sind, ist bislang kein einziger für Menschen zugelassen.“

So der Beitrag „Impfstoffsuche im Schnellgang“ in der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft (7.20, S. 20), der sich im Folgenden aber vor allem der Euphorie der interviewten Gen-Pharma-Startups hingibt:

„Um die Welt vor Covid-19 zu schützen, bedarf es enormer Produktions­kapazitäten. Die DNA-Plasmid- und RNA-Impfstoffe wurden noch nie in einer Stückzahl von Millionen Dosen hergestellt, und kleinere Firmen besitzen solche Kapazitäten überhaupt nicht. Laut Barouch verläuft die Entwicklung genbasierter Impfstoffe zwar zunächst zeitaufwändig, die Produk­tion lasse sich aber dann »schnell hochskalieren«.“ [S. 22]

Da fällt es gar nicht mehr auf, dass dafür zunächst die Anforderungen an Impfstoffe (um den Zeitfaktor 10) herunterskaliert werden, obwohl es im Beitrag selbst schon heißt:

„Die neu entwickelten Vakzine können jedoch auch eine Schattenseite bergen: das Antibody Dependent Enhancement. Demnach besteht die Gefahr, dass ein Impfstoff die Symptome von Covid-19, der von Sars-CoV-2 verursachten Krankheit, unbeabsichtigt verschlimmern könnte. So traten bei Frettchen, denen 2004 ein experimenteller Sars-Impfstoff verabreicht wurde, gefährliche Entzündungen auf. Allerdings ließ sich laut Joseph Kim [Vorstandvorsitzender] von Inovio bei Menschen, die mit dem Impfstoff behandelt wurden, keine solche Krankheitsverstärkung beobachten. Doch die Substanz wurde nie an größeren Probandenzahlen getestet, weil der Sars-Ausbruch – bei dem etwa 8000 Menschen in fast 30 Ländern erkrankten – nach einem Jahr verebbte.“ [S. 22]

Der anlässlich des Hypes um die Schweinegrippe 2009 auf die schnelle zusammengemixte Impfstoff hat in Europa bei mehr als 1.300 Kindern und Jugendlichen Narkolepsie ausgelöst. Teilweise erst nach Jahren. Nachdem auch der damalige Pandemie-Hype angesichts der realen Zahlen – es war eine der mildesten Grippewellen überhaupt – verebbte, gibt es jetzt mit dem SARS-Nachfolger SARS-CoV-2  endlich einen stärkeren Partner, mit dem die Industrie gemäß ihrer Businesspläne hoch- und runterskalieren kann. Offenbar hat die (Lobby-)Politk dazugelernt, und lässt sich bei den Zahlen die Kontrolle nicht mehr aus der Hand nehmen (Strategiepapier des Innenministeriums) – egal, was bei nüchterner Betrachtung von diesen zu halten ist. Denn wer kann nüchtern bleiben, wenn aus allen Rohren zum Krieg geblasen wird – diesmal nicht gegen Serbien oder den Islamismus, sondern gegen einen Virus – und seine Spreader? Die Wissenschaft, die hier zuständig Einhalt gebieten müsste, ist mindestens seit der Atombombe zum Zulieferbetrieb des politisch-industriellen Komplexes geworden – das Wenige in ihr, dass noch an gesamtgesellschaftlicher Verantwortung und kritischer Kraft geblieben ist, muss auch Anträge schreiben um weitervegetieren zu dürfen. Kein störender Faktor mehr im katastrophalen Fortschreiten des genannten Komplexes.

Ein wahnhaftes Megaprojekt, wie es der Vernichtungskrieg gegen Atemwegsviren mindestens aus biologischer Sicht nun einmal ist, braucht natürlich starke Partner. Hier darf die symbolische Gallionsfigur Bill Gates nicht unerwähnt bleiben, dem es innerhalb von neun Minuten gelang, ein breites Impfbündnis zwischen Investoren (u.a. sich selbst), Regierungen (hier vertreten durch die Tagesthemen) und Publikumsbevölkerung zu schmieden. Dabei entstand die Stärke dieser Gallionsfigur durch ein Unternehmen, dass wie kein anderes die restlichen Industrien von seiner Software abhängig gemacht hat – und bis heute die Hauptverantwortung für das Virenproblem im Internet trägt. Richtig gelesen: da stand gerade „Problem“ und nicht „Lösung“. (Man mag die Übertragung des Begriffs „Virus“ von der Biologie in die Informatik zurückweisen, aber die strukturellen Ähnlichkeiten auch auf der Ebene der Geschäftsmodelle (Monopol; Kollateralschäden externalisieren) lassen die Verwendung der Analogie hier angebracht erscheinen.)

Wer sich auf der Sachebene ausführlicher als der o.g. kurze Spektrum-Beitrag mit dem Thema Impfstoffe und Zulassungsverfahren beschäftigen möchte, wird in dem Buch Wir können es besser des Biologen Clemens Arvey vom Sommer 2020 ab Seite 61 fündig. Neben der Darstellung des (bisher) normalen Prüfverfahrens und seiner einzelnen Phasen und ihrer Bedeutung, finden sich dort auch Hinweise auf bereits bekannte Probleme des aktuellen Wettrennens um einen SARS-CoV-2 Impfstoff, das schon nach dem „teleskopierten“ Verfahren durchgeführt wird. Trotz – oder wegen – der sachlichen Darstellung vermittelt diese angesichts der aktuellen Vorgänge (im Winter 2020/21) ein sehr mulmiges Gefühl, bei dem man sich fragt, ab wann es wissenschaftlich bzw. ethisch geboten ist, von Menschenversuchen zu sprechen? Insgesamt bietet das Buch trotz – oder wegen – der Vielzahl an Details und Zusammenhängen einen ganzheitlichen Blick auf die „Corona-Krise“. „Ganzheitlich“ ist hier weder ein Synonym für „esoterisch“ noch ein Begriff aus der Unternehmenskommunikation. Es meint eine wissenschaftliche Methodik, die simultane Multiperspektivität zur Aufklärung komplexer Phänomene integriert. (Zur Fundierung solcher Methodik s. polykontexturale Logik.)

Außerhalb der Sachebene, im Gegenstandsbereich von Psychologie und Theologie, bleiben nur Hoffen und Beten, dass die Versprechungen von Politik und Industrie dieses mal zutreffender sind, als beim Impfstoff gegen die Schweinegrippe 2009 (oder bei der „grünen Landwirtschaft“ oder bei der Atomenergie oder …).

Bleibt kritisch und habt Spaß!

 

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