Sep 09 2014

Die Internetdienste des Dortmunder Wissenschaftsladens – use it or lose it

Von um 14:23 in Internet,WiLa

Ein Blick auf 23 Jahre computergestützte Vernetzung im WiLaDo.

Werbe- und schnüffelfrei, umweltbewusst, solidarisch und selbstorganisiert. Das Internet-Projekt FREE! des Dortmunder Wissenschaftsladens unterstützt in Sachen Internet. Ebenso braucht es Unterstützung. Vielleicht auch von Dir bzw. für Dich?

Der Wissenschaftsladen Dortmund (WiLaDo) ist ein gemeinnütziger Verein, der 1983 von Studierenden der Uni Dortmund gegründet wurde. Bis 1997 wurde der WiLa Dortmund durch die Studierendenschaften von Uni und FH unterstützt. Insbesondere durch Überlassen von Räumen oder einzelne finanzielle Unterstützungen. Arbeitsschwerpunkt war in den ersten Jahren die Beratung von Bürger*innen und Initiativen bei Umweltproblemen wie Bodenbelastung (Dorstfeld Süd), Müllverbrennung, Holzschutzmitteln in Kindergärten, Schimmel in Wohnräumen oder Schadstoffen in Kleidung. Anfang der 1990er Jahre gab es einige vom Arbeitsamt geförderte Stellen für die Umweltberatung.

1991 startete die computerbasierte Vernetzung im WiLaDo. Damit verlagerten sich die Aktivitäten in Richtung Internet, das Einigen von der Universität Dortmund bekannt war. Zusammen mit anderen Vernetzungsaktivisten baute der WiLaDo ab 1993 eine auch für die Normalbevölkerung erschwingliche Zugangsmöglichkeit ins Internet auf. Der dazu gegründete gemeinnützige Verein ist heute noch aktiv. Die Server im WiLaDo wurden Anfang ’94 Teil des Internetz und wurden schon bald genutzt um WorldWideWeb-Seiten zu ökologischen und gesellschaftskritischen Themen zu veröffentlichen. Auch einer der ersten öffentlichen (und kostenlosen) Internetzugänge in Deutschland wurde dort betrieben. So konnten Menschen ohne eigenen Computer oder Internetzugang das Internet nutzen. Ab ’96 wurden solche Aktivitäten auch formal eigenständig und mit der Domain free.de weiterentwickelt.

Seitdem hat sich der WiLaDo durch Beratung und praktische Unterstützung sozialer, emanzipatorischer Bewegungen eine Basis für sein nachhaltiges Wirken im Bereich der netzwerkgestützten Information und Kommunikation geschaffen. Das solidarische Verhältnis zu Einzelpersonen, Gruppen und Zusammenschlüssen drückt sich praktisch aus in der überwiegend spendenbasierten Finanzierung der Infrastruktur (Internetanbindungen, Strom, Räume, Hardware, …). Diese soziale Basis hat einen Prozess getragen, in dem viel Wissen und Erfahrung gewonnen und vom WiLaDo weitergegeben und nutzbar gemacht wurde. Technik ist machbar, Herr*Frau Nachbar!

Auch wenn der WiLaDo nicht an einer Uni angesiedelt ist, arbeitet er gerne mit Studierenden oder wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen. Als Beispiel sei die Unterstützung des WiLaDo für eine Bachelorarbeit erwähnt. Damit erarbeitete ein Student Grundlagen und Beispiele für lizenzfreie und kostengünstige Netzwerk-Infrastrukturen mittels Richtfunk. Dies hat einerseits praktisch relevante Fragestellungen, Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem WiLaDo in den Wissenschaftsbetrieb gebracht, andererseits für akademisch oder praktisch Interessierte eine systematische Einführung in das Thema frei verfügbar gemacht.

Heute betreibt der WiLaDo einen eigenständigen Teil des Internet (ein „autonomes System“). Auf dieser Basis bietet der WiLaDo Internetdienste auf professionellem Niveau, wie E-Mail, Domains, Webhosting, Telefonie, Serverhousing und einiges mehr. Eingesetzt wird dafür freie (quelloffene) Software auf möglichst stromsparenden Servern. Diese werden mit echtem(!-) Ökostrom betrieben, zum Teil aus der eigenen Photovoltaikanlage.

Der WiLaDo erhält keinerlei institutionelle Förderung und es gibt keine bezahlten Stellen. Server- und Netzwerkbetrieb werden ehrenamtlich aufrecht erhalten und weiterentwickelt. Die anfallenden Kosten werden durch Spenden der Nutzer*innen finanziert. Alternativ kann die Infrastruktur auch auf Rechnungsbasis genutzt werden. Das hat bisher ganz gut funktioniert. Aufgrund aktueller Entwicklungen ist es aber nötig, weitere Spender*innen bzw. Nutzer*innen zu gewinnen.

Dies verbindet der WiLaDo mit einer – lange überfälligen – Informationskampagne über FREE!. Dazu gehören Vorträge in der Region, die auch ein aktuelles gesellschaftliches Interesse aufgreifen: nach den NSA- etc.-Skandalen ist das Bewusstsein für Sicherheits- und Überwachungsprobleme vernetzter Kommunikation gewachsen. Ein möglicher erster, individueller Schritt, um solchen Problemen zu begegnen, ist die Verwendung eines Mailpostfaches bei FREE!. Gruppen und größere Zusammenhänge nutzen die Infrastruktur auch für ihre weitergehenden internen und externen Kommunikationsbedürfnisse.

Die Nutzung der Infrastruktur fördert umweltbewussten Internetbetrieb und die anonyme Teilnahme am Internet. Anfallende Daten werden im WiLado – wenn überhaupt – nicht länger als unbedingt nötig gespeichert und baldmöglichst gelöscht. Auch eine amtliche Abhörschnittstelle gibt es im WiLaDo nicht (zumindest soweit bekannt;-) – im Gegensatz zu den großen kommerziellen Providern. Dafür kann mit den Zugangsdaten des Mailaccounts auch gleich gechattet werden. Eine Möglichkeit zum Teilen von Dateien ist ebenfalls vorhanden. Alles über verschlüsselte Verbindungen, versteht sich. Und außerdem noch für die Gute Sache: mit einem Mailpostfach @free.de kann jede und jeder schon mit wenigen Euros zu Fortbestand und Weiterentwicklung des FREE!-Projekts beitragen.

Der ehrenamtliche Betrieb einer permanent verfügbaren Infrastruktur bindet aber auch schon lange die Kräfte des WiLaDo. Es gäbe viele Möglichkeiten, das Erreichte wirksamer zu machen und mehr in Richtung Bevölkerung und Wissenschaft(släden) zu kommunizieren und zu kooperieren. Angesichts der zunehmenden Prekarisierung in allen Lebenslagen (Studienbedingungen, befristete Verträge, H.IV, …) kann dies aber nur durch eine Ausweitung der Basis an Nutzer-/Spender*innen und Aktiven gelingen. Die Geschichte des WiLaDo zeigt, dass es nicht um digitalophilen Selbstzweck geht, sondern um ein soziales Experiment, in dem Menschen lernen, schrittweise mehr Verantwortung für die reale Basis virtuellen Handelns zu übernehmen.

Kontakt über das Formular: https://contact.free.de/

Webseite: <http://www.wilado.de/> und http://www.free.de/

Kommentare deaktiviert für Die Internetdienste des Dortmunder Wissenschaftsladens – use it or lose it