Aug 19 2014

Mogelpackung Klimaschutz in Dortmund

Von um 15:40 in Energie

Pressemitteilung des Wissenschaftsladen Dortmund e.V. vom 19.08.2014

Aktuell schreibt das städtische Umweltamt Dortmunder Organisationen an, um für das Projekt ‚Klima ist Heimspiel‘ zu werben. Mit dem Projekt sollen Dortmunderinnen und Dortmunder zum Energiesparen motiviert werden. Der Wissenschaftsladen Dortmund hält das Projekt für reines Greenwashing [1].

Energiespartipps zu verbreiten und Menschen zum Energiesparen zu motivieren ist eine gute Sache. Aber sollte man nicht mit gutem Beispiel voran gehen, bevor man Anderen Tipps gibt, wie sie sich verhalten sollen? In Dortmund ist leider nicht erkennbar, dass die Verantwortlichen die Energiewende ernst meinen. Dazu einige Beispiele:

Im Klima-Tipp Nr. 18 wird empfohlen den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen und der Dortmunder ÖPNV wird hoch gelobt. Einen Spitzenplatz nimmt der Dortmunder ÖPNV aber leider vor allem bei den Fahrpreisen ein [2]. Wer ernsthaft die Energiewende will, würde doch nicht jedes Jahr einen überflüssigen und klimaschädlichen Flughafen mit rd. 20 Millionen Euro bezuschussen, sondern das Geld beispielsweise in den öffentlichen Nahverkehr investieren.

Im Klima-Tipp Nr. 19 heißt es, dass die Radwege in Dortmund kontinuierlich ausgebaut werden. Leider steht nicht dabei, wie schnell die Radwege in Dortmund ausgebaut werden. In der Mängelliste der Dortmunder ADFC-Gruppe [3] finden sich etliche Problemstellen, die schon seit mehreren Jahren dort aufgelistet sind aber nicht behoben werden. Die dortmunder ADFC-Gruppe stellt in ihrem aktuellen Thesenpapier fest: „Radfahrer und Fußgänger sind zur Zeit besonders gefährdet auf Dortmunds Straßen. Im Verhältnis zu ihrer Teilnahme am Straßenverkehr werden sie überproportional schwer verletzt oder getötet. Daher muss es von der bisherigen Priorisierung des Autoverkehrs als Planungsprinzip hin zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmergruppen und hier insbesondere der schwächeren Gruppierungen gehen.“ [4]

Im Klima-Tipp Nr. 21 wird Carsharing empfohlen. Weshalb unterstützt die Stadt Dortmund dann die Carsharing-Projekte nicht, indem sie Stellplätze für Carsharing-Autos zur Verfügung stellt? Für Elektrofahrzeuge war es doch auch möglich Stellplätze inclusive RWE-Atomstromzapfsäulen einzurichten.

Klima-Tipp Nr. 28: Ich stelle um und beziehe Ökostrom. Ja, eine super Idee. Aber weshalb wird dann der Strom der DEW21 empfohlen, anstatt die echten Ökostromanbieter zu nennen? Der vom TÜV Nord zertifizierte Ökostrom der DEW ist doch mehr als fragwürdig.

Das Verbrauchermagazin Ökotest bewertet die Ökostrom-Zertifikate des TÜV Nord als „wenig hilfreich“, weil sie offen lassen, in welche neuen Anlagen das Stromgeld investiert wird. [5] Der ‚grüne‘ Strom der DEW stammt aus europäischen Wasserkraftwerken. Diese Wasserkraftwerke produzieren teilweise schon seit Jahrzehnten Strom. Es ist nicht nachvollziehbar ob durch den Bezug des ‚grünen‘ DEW-Stroms tatsächlich der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland gefördert wird.

Wer echten Ökostrom beziehen möchte sollte auch darauf achten, dass der Ökostrom-Anbieter von Unternehmen unabhängig ist, die bislang eine nachhaltige Energiewirtschaft verhindert haben. Mit den Verhinderern sind Konzerne wie die Düsseldorfer Eon mit ihrer Tochter „E wie einfach“ gemeint, die außer Atom- und Kohlestrom bundesweit gleich sieben Ökostrom-Tarife im Angebot hat. Wer vom Normal- auf einen Öko-Tarif desselben Konzerns umsteige, bleibe trotzdem dessen Kunde. Das gleiche gilt sinngemäß für die Ökotarife von Stadtwerken, an denen die Stromkonzerne beteiligt sind oder die selbst in Kohlekraftwerke investieren.“ [5]

In Dortmund ist es nicht EON, sondern RWE. „Aktuell befindet sich DEW21 noch fast zur Hälfte (47%) im Eigentum von RWE, einem Konzern, der seinen Strom zum allergrößten Teil (noch) aus Kernkraftwerken und aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe (an erster Stelle Braunkohle) erzeugt. RWE profiliert sich mit der Braunkohleverstromung als gigantischer Klima- und Landschaftskiller: Neben dem CO2-Ausstoß kommen die Emissionen verschiedener anderer Schadstoffe wie z.B. Quecksilber hinzu.“ [6]

Die Stadt Dortmund hätte aktuell ja tatsächlich die Möglichkeit die Beteiligung von RWE an DEW21 zu beenden. Das ist aber leider nicht in Sicht. Auch ein Verkauf der RWE-Aktien ist in Dortmund kein Thema. Statt dessen beteiligt sich die Stadt auch noch an dem Kohleverstromer Steag. Wer die Energiewende ernst nimmt, würde anders handeln.

Zusammenfassend muss leider festgestellt werden, dass die Stadt Dortmund sich mit dem Projekt „Klima ist Heimspiel“ ein grünes Mäntelchen umhängt. Das reale Handeln der in Dortmund Verantwortlichen ist offenbar anderen Interessen verpflichtet.

Kontakt für Rückfragen: Wissenschaftsladen Dortmund e.V., Telefon: 0231–8404-660

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1 – http://de.wikipedia.org/wiki/Greenwashing

2 – Studie Öffentlicher Nahverkehr in Deutschland, Österreich & Schweiz (Stand 15.11.2010) Studie von ab-in-den-urlaub.de, veröffentlicht bei auto.de:
http://www.auto.de/download/studie_oeffentlicher_nahverkehr.pdf

3 – http://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/kv-dortmund/radverkehr/radfahren-in-dortmund.html

4 – http://www.adfc-nrw.de/fileadmin/dateien/Dortmund/Do_2014/Verkehrspolititsche_Thesen_pdf.pdf

5 – http://www.wdr.de/wissen/wdr_wissen/themen/natur_umwelt/dossier_klimawandel/handeln/oekostrom.php5

6 – http://www.dew-kommunal.de/denkanstoss-des-buendnisses-zu-den-dortmunder-kommunalwahlen/

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Der gemeinnützige Verein Wissenschaftsladen Dortmund (WiLaDo) wurde 1983 von Studierenden gegründet. Arbeitsschwerpunkt war zunächst die Beratung bei ökologischen Problemen wie Holzschutzmitteln in Kindergärten, Schimmel in Wohnräumen oder Schadstoffen in Kleidung. Im Laufe der 1990er Jahre verlagerten sich die Aktivitäten ins Internet. Heute bietet der WiLaDo professionelle Internetdienste wie E-Mail und Webhosting. Eingesetzt werden dafür möglichst stromsparende Server, welche mit Ökostrom von Naturstrom und mit Strom aus der eigenen Solaranlage betrieben werden. http://www.wilado.de/

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